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Die Pest in Florenz (1919)



D, 1919 Regie: Otto Rippert Drehbuch: Fritz Lang Kamera: Willy Hameister Produzent: Decla Darsteller: Theodor Becker Marga Kierska Erich Bartels Juliette Brandt Erner Hübsch Länge: 101’ Format: Normalbild, Schwarzweiß, Stummfilm mit Klavierbegleitung
Die Erste Internationale Filmzeitung veröffentlichte am 25. Oktober 1919 eine Kritik von Figdor, die die Beziehung zwischen der im Film dargestellten Epoche und dem Deutschland der unmittelbaren Nachkriegszeit herstellt: „(...) Premierenstimmung im Marmorhaus. (...) ,Sieben Kapitel der italienischen Renaissance', ein komprimiertes Wiederauferstehen jenes Taumels von Liebe und Haß, von Unduldsamkeit und wildem Kampfe aller gegen alle, von dem die alten Chroniken erzählen, und der, trotz aller Brutalität, immerhin ein wenig noch graziöser war als unser Kampf von heute aus dem gleichen Urgrund alles Seins, aus Haß, Hunger und Liebe ..."
Wenn man an den Titel der Novelle Sodom und Gomorrha denkt, in der Yvan Goll die moralische Situation in der Hauptstadt der Weimarer Republik beschreibt, kann man Fritz Langs Drehbuch auch auf das Berlin von 1919 beziehen. „Berlin, Dein Tänzer ist der Tod" sagt ein Lied des Dadaisten Walter Mehring. Allerdings wäre Lang auf Savonarolas Seite, der die Stadt von ihren Sünden säubern will. Aber unabhängig von der Filmerzählung, in der verschiedene historische und politische Ereignisse teleskopartig ineinander geschoben werden, ist die Gleichsetzung der Stadt mit der Verderbtheit der Sitten genauso alt wie die Stadt (...). Das Motto des Films „Stadt Florenz! Es gab eine Zeit, da man dich Dirne nannte!" verweist direkt auf Babylon. Julia ist sowohl die „Göttin" Venus, die babylonische Hure, die zerstörerische Verführerin, eine mythologische Figur, als auch die Inkarnation der Pest:
Die „Pest" von Florenz ist die Frau, die jung verführt und Morde provoziert und alt zur Massenmörderin wird. Sie ist ein Instrument wie ,Sie' in Totentanz, aber nicht mehr das eines Mannes, sondern das eines Gottes, des göttlichen Fluchs, denn in fine herrscht in Florenz die göttliche Ordnung. METROPOLIS steht in der Nachfolge der gigantischen Dekorationen von PEST IN FLORENZ. Ebenso wie der Einsiedler Franziskus geht der aus den erhaltenen Kopien von METROPOLIS verschwundene Prediger direkt auf Savonarola zurück. Julia/die Pest ist eine Vorläuferin der Maschinen-Kreatur, der falschen Maria, die auch mit der Apokalpyse in Verbindung gebracht wird - eine Darstellung der Frau als Massenmörderin. Auch stehen in beiden Filmen die Frau und das Labyrinth in Verbindung, und mit den „Visionen" des Franziskus in seiner Grotte findet man die Phantasmagorien aus HILDE WARREN UND DER TOD und DER HERR DER LIEBE wieder. (Georges Sturm)
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