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Musikalische Begleitung: Gerhard Gruber
REGIE: Max Obal KAMERA: Guido Seeber DARSTELLER: Max Obal, Lena Voss PRODUKTION: Vitascope GmbH, Berlin LÄNGE: 162 Meter FORMAT: 35 mm, s/w
Auch DER SIEG DES HOSENROCKS von 1911 verrät eine masochistische Sehnsucht nach der phallischen Mutter - Pendant zur Erfahrung mit der sadistischen Gewalt in der männlichen Gesellschaft. Gleichzeitig reagiert ein Film wie dieser auf Erscheinungen der Mode, in denen sich die ›neue Frau‹ spiegelt.
In DER SIEG DES HOSENROCKS wird der Held magisch von Frauen in den Männerhosen ähnelnden Beinkleidern angezogen, zum Kummer seiner Freundin. Um den Fetischisten dennoch aufs Standesamt zu bekommen, zwängt sie ihren fülligen Leib in einen Hosenanzug.
Mit Erfolg: Nun werden seine Augen nur noch durch ihre Beine gefesselt und schweifen nicht mehr zu denen anderer Damen ab. Das Motiv des Hosenrocks scheint beliebt gewesen zu sein; es existiert noch ein Film der Firma Eclipse von 1910 mit dem deutschen Verleihtitel DER IMPROVISIERTE HOSENROCK. (Heide Schlüpmann)
AUS EINES MANNES MÄDCHENZEIT D 1912
PRODUKTION: Messters Projektion GmbH, Berlin DARSTELLER: Wilhelm Bendow, Manny Ziener, Rudolf Senius, Olga Engl, Siegfried Dessauer LÄNGE: 434 Meter FORMAT: 35 mm, viragiert
Der Film handelt von einem jungen Herrn, der sich als Frau verkleidet, um eine Stelle als Dienstmädchen annehmen zu können. Während der Hausherr jedem Schürzenbändel nachzulaufen scheint, hat der Diener einen besonderen Narren gefressen an der stattlichen Dienstmagd mit einem Anflug von Bart, und die ›Heldin‹ selber läuft einer reizenden jungen Kollegin nach.
Am Ende feiert die Dienerschaft in den Räumen der abwesenden Herrschaft ein Fest, bei dem alle Wünsche zu ihrem Ziel drängen, aber keiner zu seiner Erfüllung kommt. Das Vergnügen des Publikums geht jedoch nicht in der primitiven Schadenfreude, gepaart mit derben Sexualphantasien, auf. Vielmehr stellt der Erzähler im Film, der männliche Protagonist, von Anfang an eine Kommunikation mit dem Publikum her, das dieses zum Komplizen seines Blicks unter die Decke der gesellschaftlichen Ordnung macht. AUS EINES MANNES MÄDCHENZEIT ist das einzig bekannte Beispiel aus der Vorkriegszeit, in dem auch eine Beziehung des Kinos zur homosexuellen Szene deutlich wird. (Heide Schlüpmann)
DIE CZERNOWSKA (ab 1915: DIE ROLLE DER ERZIEHERIN) D 1913
REGIE und BUCH: Charles Decrois DARSTELLER: Bernd Aldor, Käte Wittenberg, Wolfgang Neff PRODUKTION: Charles Decrois-Film der Monopolfilm-Vertriebs-GmbH Hanewacker und Scheler LÄNGE: 473 Meter FORMAT: 35 mm, viragiert
Die Heldin tritt als kräftige, schlanke Gestalt in Erscheinung, im dunklen, einfach, aber elegant geschnittenen Kleid mit hellem Kragen, das Haar in der Mitte gescheitelt, an den Seiten jedoch schwungvoll hochgesteckt, sitzt sie in der Eingangsszene am Schreibtisch. Es könnte sich um eine der Russinnen handeln, die vor dem Ersten Weltkrieg in der Schweiz und in Deutschland zu den ersten studierenden Frauen gehörten.
Der Zwischentitel stellt sie allerdings als einfache Gouvernante vor, die gerade dabei ist, an ihren Geliebten, einen Ganoven, zu schreiben. Sie unterbreitet ihm den Vorschlag, die erotische Schwäche ihres Arbeitgebers, eines Grafen, zu nutzen, um an sein Vermögen zu gelangen …
Die narrative Verknüpfung von Liebes- und Verbrechensmotiv vergegenwärtigt zwar schon zu Anfang das (Vor-)Urteil, dass, wo die Liebe der Frau freizügig, das Verbrechen nahe sei und umgekehrt, aber die Wirkung der Protagonistin ist davon im ersten Teil noch wenig tangiert. (Heide Schlüpmann)
DAS SCHWARZE LOS (in Ö: PIERROTS LETZTES ABENTEUER) D 1913
REGIE: John Gottowt LÄNGE: 132 Meter FORMAT: 16 mm
Liebliches südländisches Ambiente, in dem eine Schauspieltruppe sich aufhält. Pierrot, Columbine und andere kostümierte Gestalten unterstreichen die Heiterkeit der Landschaft. Für einen Augenblick trübt sich jedoch die Stimmung, als Sein und Schein sich vermischen, die Eifersucht im Leben und die im Schauspiel. Es ist die gleiche Verwischung der Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fiktion, die ein Publikum im Kino erfahren mag.
In der Tat handelt es sich bei dieser Schauspieltruppe um Filmschauspieler und Filmschauspielerinnen. Wir sehen einen Film im Film, und dadurch gewinnt PIERROTS LETZTES ABENTEUER dokumentarische Qualität: Er zeigt die Filmausrüstung der zehner Jahre, Kameras, Stative usw. und Kameraleute wie Regisseur bei der Arbeit. (Karola Gramann)
DER SIEG DES HOSENROCKS D 1911 | |
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