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Die Generallinie (1930)
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  Eisensteins Revolutionsfilme sind keine Abbilder der Geschichte, sondern Visionen. In ihnen waltet das Schwert der Montage, das die sichtbare Welt gewaltsam zerstückt und triumphal neuzuordnen weiß. Dies Neue, Filmische solle, wie Šklovskij formuliert hat, den Zuschauer „nicht an eine Emotion erinnern, sondern selbst Emotion auslösen“. Die großen Namen der von Eisensteins Kino evozierten Gefühle lauten Wut (aufs ungerechte Alte) und Begeisterung (fürs Neue). Sein Film über die Sozialisierung der Landwirtschaft trägt einen Titel, der programmatisch für den russischen Revolutionsfilm stehen könnte: Das Alte und das Neue. Die von Eisenstein neu ausgebildete „tonale Montage“ arbeitet in Staroe i novoe mit der Wucht dialektischer Glockenschläge. Dass sich das Preislied auf Kolchosen und Agrar-Industrialisierung im nachhinein als furchtbarer Irrtum erwiesen hat, ist ein anderes Kapitel. Es ändert nichts an der Glut von Eisensteins Denken und Filmen um 1929. (H.T.) Ein wuchtiger, hinreißender, bezwingender Film, ein Film des gewaltigen Kampfes. Aber der Kampf wird nicht mit Geschützen, mit Granaten und anderen Mordwerkzeugen geführt, er fordert auch kein Menschenleben. Er ist der Kampf um die Erde, das Ringen um das Land, das Erwachen von hundert Millionen Bauern aus Dumpfheit, Elend und träger Verschlafenheit zu zielbewusstem Handeln, zur segensreichen Tat. [...] Der Film ist ein grandioses Dokument. Er trompetet nicht den Kommunismus marktschreierisch aus, er unterstreicht nicht, trägt nicht dick auf, im Gegenteil, Eisenstein zeigt hier, dass auch im neuen Russland der Bürokratismus oft eine hässliche Institution ist. Aber – und das ist der Unterschied gegen früher – die Herren, die in ihren Amtsstuben hocken, sind nicht mehr kleine ungekrönte Könige, sondern haben sich dem Willen der Gesamtheit zu fügen. (Lichtbild-Bühne, Nr. 36, 11. 2. 1930)  

 


REGIE, DREHBUCH: Aleksandr Dowschenkow KAMERA: D. Demuzki DARSTELLER: S. Schkurat, S. Swaschenko, J. Solnzewa, E. Maximowa, I. Franko, P. Massocha, N. Nademski, W. Michailow, P. Petrik, O. Umanez, E. Bondina, L. Ljaschenko PRODUKTION: Wufku, Kiew VERLEIH: Prometheus-Film, Berlin URAUFFÜHRUNG: 8.5.1930, Moskau PRESSEVORFÜHRUNG (D): 17.7.1930, Berlin (Marmorhaus) Kinostart: 6.1.1931, Berlin (Kamera; zensierte, gekürzte zweite Fassung) FORMAT: 35 mm, s/w, stumm, OF mit russ. Zwischentiteln, dt. Simultanübersetzung LÄNGE: 75 Minuten

Anmerkung: Die stumme Originalfassung war 1704 Meter lang. Die am 5.1.1931 zum öffentlichen Abspiel freigegebene Fassung hatte 1604,6 Meter.

KLAVIERBEGLEITUNG: Gerhard Gruber


»Wie sie beide – Regisseur und Kameramann – Erdgeruch ins Bild bringen, das ist ein frohmachendes Erlebnis. […] Montagen von neuem Rhythmus, den Segen der Erde – die Verbindung von Menschenarbeit, Maschine, Korn zu Brot charakterisierend, lösen starken Beifall aus. Herrlich die Szene, in der ein junger Mensch, seines Sieges für das Kollektiv froh, zu tanzen beginnt, einen ganzen Waldweg entlang tanzt, in den Tod hinein. […] Es ist heute kaum noch möglich, daß Szenen, in denen die Wirkung des Wortes bildlich gestaltet ist, stumm stark genug auf uns wirken. […] Es ist ein letztes Blatt im Buch des stummen Films, wie wir ihn kennen – sei bedankt, Dowschenkow, malerischer – im besten Sinne – hätte das Bild, das diese Seite künstlerisch ausfüllt, nicht sein können.« (Lichtbild-Bühne, Nr. 171, 18.7.1930)
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