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Der Teufelsreporter (1929)
(aka IM NEBEL DER GROSSSTADT, HELL OF A REPORTER) D 1929
REGIE: Ernst Laemmle
BUCH: Billy Wilder
KAMERA: Charles Stumar
BAUTEN: Gustav A. Knauer, Willy Schiller
PRODUKTION: Universal, Berlin
DARSTELLER: Eddie Polo, Maria Forescu, Gritta Ley, Robert Garrison, Fred Grosser, Billy Wilder
UA: 19.7.1929, Hamburg
LÄNGE: 65 Minuten
FORMAT: 35 mm, s/w, stumm mit franz. Zwischentiteln und dt. Simultanübersetzung
Live-Klavierbegleitung: Gerhard Gruber
1929 jagt der rasende Reporter Billie Wilder mit einem Drehbuch durch Berlin. Es ist sein erstes verfilmtes Skript, das er für die Berliner Niederlassung der Universal Pictures Corporation (Deutsche Produktion, Berlin), dessen Produzenten Joe Pasternak und den Regisseur Ernst Laemmle, ein Neffe von Carl Laemmle, schreibt.
In der Wiener und Berliner Boulevard-Presse hatte sich Wilder seine Sporen als journalistischer Hans-Dampf-in-allen-Gassen der Großstädte verdient. Er kannte sein Metier, und er wusste nach vielen Treatments, Ideenlieferungen und Kontakten mit den Berliner Filmschaffenden auch um die visuelle Kraft der Filmstadt Berlin. Er wollte zum Film und an Filmen mitwirken, die das Sensationelle, das Tempo Hollywoods mit dem Flair europäischer Metropolen verbanden.
Die späten 1920er-Jahre waren die Zeit der ersten großen Filmstunts, der Verfolgungsjagden und der Entdeckung des scharfen Zugwinds blitzschneller Cabriolets. Wilders Vorliebe für Tempo, das sich in vielen späteren Regiefilmen wiederfindet, verband er im TEUFELSREPORTER mit sensationellen Meldungen, auch von ihm verfasst, über die umjubelten Tiller-Girls aus England, die mit ihren langen Beinen und ihrer aufreizenden Choreografie die Varietés und Revuetheater in Europa zum Bersten brachten. Ihre Ankunft am Wiener Westbahnhof beschrieb er am 3. April 1926 im Blatt Die Stunde, und über die angebliche Entführung eines Tiller-Girls las er dann schon in Berlin.
Die Idee für das Drehbuch war geboren, Universal suchte Stoffe, und Eddie Polo, der – vom Zirkus kommend – in den USA, dann in Österreich und später in Deutschland mit sensationellen Stunts und Actionfilmen Karriere gemacht hatte, stand zur Verfügung. Er spielt in der Redaktion des Berliner »Rapid-Journal« den Stenografen, der davon träumt, endlich auch als Reporter seinen Namen auf der Titelseite gedruckt zu sehen. »Eddie saust, springt, chauffiert, klettert und telephoniert in einem fort hin und her und entfaltet dabei eine wunderbare Gewandtheit des Körpers«, schrieb Siegfried Kracauer in der Frankfurter Zeitung (12. Oktober 1929). Die Tiller-Girls werden von Wilder im Film großzügig in dreizehn Millionärstöchter aus Amerika verwandelt, die auf einer europäischen Bildungsreise sind. Die glamouröse Ankunft am Bahnhof verpasst der Reporter, doch der dubiose Charakter der strengen Gouvernante (Madame Lourdier, gespielt von Maria Forescu) und des Reiseführers (Jonas, gespielt von Robert Garrison) lassen Böses ahnen. Die jungen Damen im offenen Sightseeing-Bus werden weit in den Berliner Westen an die Havel und auf eine Insel entführt. Da es sich um einen Stummfilm handelt, entgeht uns leider das typische amerikanische Jungmädchen-Gekreische. Eddie Polo wittert Unheil und vor allem endlich seine Story. Nachdem ihm eine der blonden Unschuldstöchter (Miss Bessie, gespielt von Gritta Ley) noch ein Zetterl, begleitet von einem tiefen Blick in die aufgeweckten Reporteraugen, zustecken konnte, nimmt er die waghalsige Verfolgung auf.
Die Berliner Morgenpost schrieb: »Maria Forescu und Robert Garrison zeigen ihre bekannten Gaunertypen. Gritta Ley ist hübsch, blond, aber steif. Lustig, beweglich, im Stil amerikanischer Gassenjungen, der kleine Fred Grosser als Redaktions-Stift.« Eddie Polo war Ende der 1920er-Jahre ein Markenzeichen des Sensationsfilms. Er sprang 1915 als Erster mit dem Fallschirm vom Eifelturm, begann seine europäische Filmlaufbahn in Wien, arbeitete anschließend bis 1930 in Berlin und dann in den USA. Robert Garrison hatte an Wiener Theatern seit der Jahrhundertwende Karriere gemacht, spielte vor 1914 melodramatische, nach 1920 meist nur Chargenrollen (u. a. in Papsts DIE FREUDLOSE GASSE). Maria Forescu arbeitete an Wiener Theatern, bevor sie ab 1911 in Berlin vor allem zwielichtige Gestalten im Film spielte (u. a. in DIDA IBSENS GESCHICHTE von Richard Oswald und in NJU von Paul Czinner). 1933 erhielt die gewerkschaftlich aktive Jüdin Auftrittsverbot, wurde 1938 aus der Reichsfilmkammer ausgeschlossen, im August 1942 deportiert und ermordet.
Siebenundsiebzig Jahre nach der Premiere von HELL OF A REPORTER (so der amerikanische Verleihtitel) muss freilich noch ein anderer Nebendarsteller erwähnt werden, der in den Angaben zur US-Fassung folgendermaßen genannt wird: Billy Wilder as Billie Wilder. Er ist einmal als Leser des »Rapid-Journal« zu sehen und einmal in einer Gruppe von Berichterstattern. Der Reporter war beim Film angekommen. (Barbara Eichinger, Karin Moser, Frank Stern)
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